Heute wurde in einem Artikel auf addendum.org über das Scheitern unseres Schiffsprojekts berichtet. Wir wollen im Folgenden zum Artikel Stellung nehmen und auf implizite Vorwürfe eingehen. Daraus ist ersichtlich, warum wir uns dafür entschieden, das Projekt längere zeit weiter zu führen und warum welches Geld ausgegeben wurde. Da das Schiff erst vor wenigen Tagen zurückgebaut wurde und das Equipment erst nach Deutschland verschickt wird, findet die geplante Endabrechnung erst statt. Über die genauzen Kosten kann deswegen erst später berichtet werden. Außerdem berichten wir dann auch über den aktuellen Stand der Verwendung auf anderen Schiffen und über andere Projekte.
Hier nun in Zitaten der o.g. Artikel und darunter die Kommentare:
Es war der 7. Juli 2018, als Klaas Heufer-Umlauf meinte, seine Sommerpause unterbrechen zu müssen. Der deutsche Entertainer ist mit Comedyshows wie „Joko und Klaas“ und „Circus HalliGalli“ bekannt geworden. Auf ProSieben moderiert der „Grimme“-Preisträger seit kurzem eine Late-Night-Show. Auf Twitter folgen ihm 1,8 Millionen Menschen. Politisch engagierte er sich immer mal wieder, er unterstützte etwa Martin Schulz als SPD-Kanzlerkandidaten. Nun lud er auf Youtube einen „Zwischenruf“ hoch. Wenige Tage zuvor war auf Malta der deutsche Skipper Claus-Peter Reisch verhaftet und das von ihm gesteuerte NGO-Boot „Lifeline“ beschlagnahmt worden. Um Geld für die Rechtskosten zu sammeln, habe sein Freund Jan Böhmermann bereits einen Aufruf gestartet, erklärte Heufer-Umlauf in seinem Video. Ihm ginge es nun darum, die Rettungsmissionen der NGOs im Mittelmeer fortzusetzen: „Man braucht jetzt Schiffe, um jetzt ein Zeichen zu setzen, um zu sagen, wir machen weiter, und natürlich, um ganz konkret Hilfe leisten zu können.“
Kommentar: Alles korrekt.
In dem sechs Minuten langen Video erklärte der Comedian seine Idee. „Es geht darum, Schiffe zu chartern und einfach auch, völlig egal mal, wie dieser Prozess jetzt gerade verläuft oder wie die Situation gerade ist, weiterzumachen und, inoffiziell von mir aus, wieder rauszufahren und weiterhin Menschen zu retten – weil was soll daran illegal sein?“ Konkret sei der Plan, „ein weiteres oder vielleicht auch mehrere Schiffe für eine gewisse Zeit lang zu chartern, um diese Situation nicht einfach auszusitzen“, sagte Heufer-Umlauf. „Ich persönlich habe auch schon Geld gespendet (…) und ich finde, diesem Beispiel kann, wenn ihr mögt, jeder nachgehen. Es ist völlig egal, ob es zwei Euro sind oder 200.000, je nach Verhältnismäßigkeit kann man sich da engagieren.“ Seinen Appell verband der TV-Star mit einem Versprechen. Er werde „persönlich dafür Sorge tragen, dass das Geld da ankommt, wo es hinmuss“.
Kommentar: Alles korrekt.
Ein Appell gegen die Ohnmacht
In den Tagen danach erntete Heufer-Umlauf medial viel Anerkennung und Beifall für sein Engagement. Alle großen Zeitungen berichteten darüber, sein Video wurde über soziale Medien abertausende Male geteilt, und viele Menschen dankten ihm dafür, dass er Haltung zeige. Unter dem Motto „Jetzt retten wir! #Civilfleet“ kamen rasch die ersten 100.000 Euro zusammen. Immerhin „kann man hier mal konkret helfen“, wie Heufer-Umlauf am Ende seines Videos betont hatte, „und das ist eine sehr schöne Methode, der Ohnmacht, die man fühlt in dieser Situation, entgegenzuwirken und etwas zu machen“.
Kommentar: Alles korrekt.
Klaas Heufer-Umlauf auf Twitter vor Ende der Spendenaktion
Bild: Screenshot | Twitter
Zehn Tage nach dem Hochladen des Videos endete die Spendenaktion auf dem Internetportal leetchi.com. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen: 7.428 Menschen waren Heufer-Umlaufs Aufruf gefolgt und hatten 297.036 Euro bereitgestellt.
Kommentar: Auch hier alles korrekt.
Vorboten des Scheiterns
In den Monaten darauf herrschte rege Betriebsamkeit. Ein Verein wurde gegründet, der sich um die Spendengelder kümmern sollte. Als Vorsitzender bot sich Erik Marquardt an, ein deutscher EU-Abgeordneter der Grünen und NGO-Aktivist. Zum Schatzmeister wurde Ruben Neugebauer ernannt, ein Fotojournalist, der schon die NGO Sea Watch mitaufgebaut hatte. Es war ein kleiner Zirkel von Aktivisten, die gemeinsam ein großes Projekt stemmen wollten – und damit scheitern würden.
Addendum versucht nun erstmals nachzuzeichnen, wie diese Promi-Spenden-Aktion verlief, nachdem das Licht der Öffentlichkeit erloschen ist. Dabei zeigt sich eine Kluft zwischen dem Versprechen, möglichst rasch zu helfen, und dem, was davon in der Realität übrig blieb. Warnungen, die die Mission gefährden könnten, wurden erst bagatellisiert und später ignoriert. Der Enthusiasmus derer, die sich für eine gute Sache einzusetzen glaubten, schien größer als deren praktisches Geschick. Das führte letztlich dazu, dass zwar ein Großteil der Spendengelder in das Chartern eines Rettungsschiffes flossen, ein solches aber nie auslaufen sollte. Und bis dato weder die Öffentlichkeit noch die Spender davon erfuhren.
Das ist nicht ganz korrekt: In den Monaten nach der Spendensammlung wurde gemeinschaftliche Projekt von einer breiteren Basis diverser Leute aus mehreren NGOs betrieben. Erik Marquardt war zu dem Zeitpunkt kein EU-Abgeordneter. Es floss zudem nicht ein Großteil in das Chartern des Rettungsschiffes. Schon vor Veröffentlichung des Textes war geplant, die Spenderinnen und Spender nach dem Abschluss des Projekts zu informieren. Mehr dazu später.
„Ein Schiff in Aussicht“
Doch der Reihe nach. Anfangs herrschte auf der rasch eingerichteten Internet-Seite der civilfleet.org Euphorie. Noch im August 2018 wurden die Spender dort informiert, dass bereits ein „Schiff in Aussicht“ sei und die Verhandlungen „gut laufen“. Es würde daran gearbeitet, „schnell wieder das zu machen, wofür wir angetreten sind: Menschenleben retten“. Im Oktober folgte das nächste Status-Update, aus dem sich eine erste Warnung hätte ablesen lassen können. Es wurde berichtet, dass dem Schiff einer anderen NGO von Panama gerade die Flagge entzogen worden wäre. „Aber“, hieß es trotzig, „so leicht lassen wir uns nicht aufhalten.“ Ein Schiff sei schon gechartert worden und würde gerade umgebaut, noch im November wolle man damit in See stechen.
Wir haben mit dem Eigner vereinbart, dass die Flagge entsprechend gewechselt wird. Euphorie hat zu der Zeit nicht geherrscht, wir haben nach langer, intensiver Suche endlich eine Möglichkeit gefunden, mit dem vorhandenen Geld eventuell ein Schiff zu finden, das für die Seenotrettung verwendet werden kann und nicht wie andere Möglichkeiten fünfstellige Beträge am Tag kostet. Zu der Zeit war es insgesamt sehr unklar, ob und wie es mit der zivilen Seenotrettung weitergehen kann. Hätten wir nach dem Flaggenentzug der Aquarius einfach aufgegeben, wäre das natürlich einfacher gewesen. Die Arbeiten vor Ort liefen aber schon auf Hochtouren. Viel Arbeitszeit und Ressourcen wurden investiert, um das Schiff für die Seenotrettung vorzubereiten.
Im nächsten Bulletin Ende November war davon nichts mehr zu lesen. Dafür hagelte es Vorwürfe gegen Europas Politik, die in der Seenotrettung untätig bliebe, verbunden mit einem erneuten Spendenaufruf. Danach herrschte wieder Stille.
„Ready to rescue“
Erst Ende Jänner 2019 wurden Neuigkeiten von der Civilfleet vermeldet. Ein Boot sei gechartert und für den Einsatz in der Seenotrettung umgerüstet worden, erfuhren Spender in einer längeren Nachricht. Auch das sich zuvor abzeichnende Problem des Flaggenstaats Panama wäre gelöst worden und ein „langer, teurer Prozess der Umregistrierung“ hätte erfolgreich mit dem Inselstaat Vanuatu als neuem Flaggenstaat geendet. Man habe nun ein Boot, „das das Prädikät ‚ready to rescue‘ trägt“, wurde stolz vermerkt, „und das bereit ist, die Flotte der zivilen Seenotrettung zu unterstützen“. Civilfleet verlautbarte weiter, mit einer „allseits bekannten NGO kurz vor dem Vertragsabschluss zu stehen“, sodass das Schiff „zeitnah“ auslaufen würde.
Kommentar: In der Tat kamen dann immer wieder Probleme dazwischen. Uns wurde vom Eigner vermittelt, dass der Flaggenprozess in wenigen Tagen abgeschlossen sei. Wahrscheinlich entsprach das zu dem Zeitpunkt auch den Tatsachen, aufgrund politischer Probleme mit dem Flaggenstaat kamen jedoch wohl weitere Probleme hinzu.
Insgesamt war das Schiff aus unserer Sicht aber tatsächlich in einem rettungsfähigen Zustand: Wir haben 600 Schwimmwesten und Crewausrüstung beschafft, eine zweite Brücke in einem Saferoom eingebaut, Gästetoiletten installiert und Raum geschaffen, damit Gerettete bei schlechtem Wetter unterkommen können. Wir haben ein hochseetaugliches Hospital mit viel Ausrüstung, Medikamenten, zwei Behandlungsplätzen und einer Recovery-Area für Verletzte und eine Küche eingebaut. Es wurde ein schusssicherer Tank mit Benzin für die beiden Schnellboote eingebaut, die für die Rettung notwendig sind. Das war leider notwendig, da im Rettungsgebiet schon Schüsse der sogenannten libyschen Küstenwache auf Rettungsboote abgegeben wurden. Ein Schnellboot wurde angeschafft und wir haben 42000l Diesel getankt, ohne die der für die Registrierung notwendige Stabilitätstest nicht möglich gewesen wäre.
Leider war es uns im Laufe der Schiffssuche und der Umbauarbeiten nicht wirklich möglich groß öffentlich zu berichten, da wir zu dieser zeit berechtigterweise davon ausgingen, dass die Behörden uns mehr Steine in den Weg legen, je mehr Öffentlichkeit das Projekt hat. Deswegen haben wir den Schiffsnamen un aktuelle Entwicklungen erst spät oder teilweise gar nicht veröffentlichen können.
Keine Information an Spender
Darauf folgte erneutes Schweigen. Auf der Webseite fand sich über Monate hinweg kein Bericht, kein Foto, kein Update, keine neue Statusmeldung. Die Spender erfuhren nichts darüber, ob das gecharterte Boot, das mit ihrem Geld finanziert worden war, nun schon ins Mittelmeer aufgebrochen war. Umgekehrt wurde auch kein etwaiger Abbruch der Mission kommuniziert. Erst im Juli 2019 wandte sich Civilfleet wieder an die Öffentlichkeit. Und zwar mit einem weiteren Spendenaufruf, den erneut Klaas Heufer-Umlauf, diesmal gemeinsam mit seinem Comedian-Freund Jan Böhmermann, initiierte. In der Zwischenzeit hatte die Verhaftung der deutschen Kapitänin Carola Rackete in Italien für Schlagzeilen gesorgt. So vermeldete Civilfleet nun, dass der neue Aufruf bereits fast eine Million Euro an weiteren Spenden eingebracht habe. Kein Wort fiel jedoch mehr zum gecharterten Schiff, zu dessen etwaigen Ausfahrten und der Zahl der dabei eventuell aus Seenot geretteten Menschen – also all dem, was Menschen ein Jahr zuvor dazu bewogen hatte, fast 300.000 Euro zu spenden.
Kommentar: Es stimmt, dass es keine öffentlichen Informationen an die Spenderinnen und Spender gab. Allerdings haben wir einzelne Anfragen zeitnah beantwortet und standen mit interessierten Spendern immer wieder im Kontakt. Die öffentliche Stille hing auch damit zusammen, dass es eine zeitlang sehr unklar war, wie es mit dem Projekt weiter geht. Wir haben – nachdem deutlich war, dass wir die mit dem Projekt in jedem Fall verbundenen finanziellen Risiken nicht mehr alleine tragen können, nochmals mehrere NGOs kontaktiert. Leider kam es bis zum Sommer nicht zu einem Vertragsabschluss zwischen dem Eigner der Golfo Azzurro und einer NGO. Immer wieder war auch ein Kauf des Schiffes im Gespräch, allerdings konnten sich Eigner und NGOs nicht auf einen Kaufpreis einigen. Dass der Abbruch des Projekts noch nicht kommuniziert wurde hängt damit zusammen, dass das Projekt erst vor kurzem abgebrochen wurden. Wir versuchen momentan das Inventar/Equipment, das einen hohen Wert hat, in ein Lager in Deutschland zu bringen, damit es auf anderen Schiffen eingesetzt werden kann. Ein Teil des Equipments wird bereits auf anderen Schiffen eingesetzt. In den kommenden Wochen werden wir klären, wie viel Geld uns der Eigner zurückzahlen muss und zum aktuellen Zahlungsstand des Projekts einen Bericht veröffentlichen.
Wohin das Spendengeld floss
Was geschah also wirklich, seit die Civilfleet in der Kommunikation ihres Tuns abgetaucht ist? Addendum erhielt erstmals Einblick in eine grobe Kostenaufstellung des Vereins, der bis heute keinen Jahresabschluss ausgefertigt hat. So erschließt sich zumindest im Überblick, wofür das gesammelte Geld tatsächlich ausgegeben wurde:
Projekte – 62.260 Euro
Für konkrete Projekte wurden demnach 62.260 Euro aufgewendet, was etwa 19,5 Prozent aller Ausgaben ausmacht. Davon flossen 25.000 Euro an die bereits bestehende NGO Sea Eye und weitere 30.000 Euro zur Anschaffung eines kleineren Rettungsbeiboots an die NGO Sea Watch. Bezahlt wurden damit auch nautische Trainings von Crewmitgliedern für den Einsatz auf Rettungsmissionen.
Lohnkosten – 38.000 Euro
Lohnkosten machten mit 38.000 Euro oder etwa 12 Prozent der Gesamtausgaben einen weiteren Posten aus. Damit soll etwa die Koordination der Civilfleet mit anderen NGOs in der Seenotrettung finanziert worden sein. In Kampagnen gegen die Kriminalisierung der Seenotrettung flossen 12.000 Euro. Derselbe Betrag wurde für Löhne zur Entwicklung einer zivilen Seenotrettungsleitstelle samt entsprechender Software investiert. Für technische und nautische Beratung wurden 7.000 Euro aufgewendet.
Sachkosten – 11.451 EuroAn Sachkosten fielen insgesamt 11.451 Euro an, was sich auf etwa 3,6 Prozent der getätigten Ausgaben beläuft. Darin enthalten sind die Gebühren für die Spendenplattform leetchi.com sowie juristische Beratung und Verwaltungskosten.
Kommentar: Wir haben in der Antwort an den Autor des Artikels dargelegt, dass ein Jahresabschluss vom Jahr 2018 noch nicht vorliegt und die Beträge deswegen nicht auf den Euro genau dargelegt werden können. Außerdem ist noch nicht genau beziffert, welcher Anteil vom Eigner zurückgefordert werden kann. Ein genauer Überblick über die Kosten soll an die Spender nach der Vorstellung des Jahresabschlusses auf der Mitgliederversammlung im November gehen.
Das Projekt „Golfo Azzurro“
Die größten finanziellen Aufwendungen flossen jedoch in jenes Projekt, das den eigentlichen Vereinszweck darstellte und mit dem um Spenden geworben worden war: das Schaffen einer zivilen Flotte zur Seenotrettung, also besagte Civilfleet. Die Wahl des Schiffes, das dafür gechartert werden sollte, fiel auf die „Golfo Azzurro“. Dabei handelt es sich um einen 1987 gebauten, vierzig Meter langen Trawler, der zuvor schon einmal von der spanischen NGO „Proactiva Open Arms“ für Rettungsmissionen im Mittelmeer eingesetzt worden war. „Zu diesem Zeitpunkt hatte das Schiff eine Panama-Flagge und verfügte über alle nötigen Papiere“, erklärt der Schatzmeister von Civilfleet, Ruben Neugebauer, gegenüber Addendum. Der Eigentümer soll den Aktivisten versprochen haben, dass das Schiff binnen zehn Tagen einsatzbereit wäre, woraufhin diese die erste Charterrate überwiesen.
Kommentar: Korrekt. Wir haben mit dem Eigner einen „letter of intent“ zu Beginn des Projekts abgeschlossen, in dem beidseitige Verpflichtungen dargelegt werden. Zu diesem Zeitpunkt wurde der Zeitplan von Expert*innen nach Besichtigung des Schiffes und der vorliegenden Unterlagen für realistisch gehalten. Nachdem kurze Zeit danach deutlich wurde, dass eine Neuregistrierung des Schiffes vor dem Auslaufen notwendig werden würde und diese Registrierung längere Zeit in Anspruch nehmen würde, haben wir den letter of intent nicht verlängert und uns stattdessen auf eine maximale Beteiligung beim Flaggenwechsel verständigt, um das Risiko gering zu halten. Uns war bewusst, dass der Flaggenwechsel komplex und aufwändig ist, sodass wir es für einen richtigen Schritt hielten, statt der Charterraten einen Maximalbetrag festzulegen, bis das Schiff einsatzbereit ist und wir mit den Einsätzen beginnen können. Derweil schlossen wir die aufwändigen Umbauarbeiten am Schiff für die Seenotrettung ab. Die Ausgaben für Equipment, Ausrüstung, Material sind jedoch nicht umsonst gewesen, sondern können weiter für die Seenotrettung eingesetzt werden.
Schatzmeister Ruben Neugebauer erklärt jedenfalls, dass der Schiffseigner den Aktivisten erneut Versprechungen machte. Er wäre kein Problem, die „Golfo Azzurro“ in kurzer Zeit umzuflaggen. Der Verein stellte ihm daher 30.000 Euro für den beabsichtigten Flaggenwechsel und die dafür notwendigen Vorbereitungen zur Verfügung. „Zahlreiche Arbeiten wurden in der Verantwortung des Schiffseigners auch durchgeführt und bezahlt“, sagt Neugebauer, „jedoch konnte er seine Zusage nicht einhalten.“ Weiteres Geld wurde demnach fällig. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätten die Alarmsirenen schrillen können, denn eine neue Flagge erfordert auch eine neue Registrierung des Schiffes. Kenner bestätigen, dass der Aufwand für einen solchen Prozess weit über einen bloßen Formalakt hinausreicht und mit umfangreichen Ausgaben verbunden ist.
Kommentar: Es ist korrekt, dass ein Flaggenwechsel sehr aufwändig ist. Genau deswegen haben wir einen Maximalbetrag der NGO-Beteiligung festgelegt, da der Flaggenwechsel durch den Zweck der Nutzung durch uns notwendig war, war eine Beteiligung von uns an den Kosten und im Gegenzug die Zusage verhältnismäßig günstiger Charterraten akzeptabel. Es ist falsch zu behaupten, dass wir hier keine verantwortungsvolle Entscheidung getroffen haben. Wir drängten bewusst auf einen Maximalbetrag, um das Risiko des Flaggenwechsels nicht komplett zu tragen.
Laut Darstellung von Civilfleet verloren genau in jenem Zeitraum, in dem das Schiff für den Rettungseinsatz rasch umgerüstet werden sollte, zwei andere NGO Boote „auf politischen Druck aus Italien hin“ die Flagge Panamas. Daher kam ein Auslaufen der „Golfo Azzurro“ unter dieser Flagge fortan nicht mehr in Frage. Laut eines in der Sache kundigen Insiders hätte dies auch der logische Zeitpunkt für Civilfleet sein müssen, um aus dem Projekt noch vergleichsweise unbeschadet auszusteigen und hohe Folgekosten zu vermeiden. Denn den Flaggenstaat zu wechseln, bedeutet immer auch, das Schiff komplett neu registrieren zu müssen, was entsprechend teuer ist. Doch die Verantwortlichen hielten Kurs und setzten damit in den folgenden Monaten einen wahren Ausgabemarathon in Gang.
Kommentar: Man hätte bereits nach dem Flaggenentzug aufgeben können und sagen, dass man das Projekt abbricht. Wir haben uns jedoch darauf geeinigt, dass wir bereit sind, maximal noch 30.000 Euro für den Flaggenwechsel zu bezahlen, wenn das Schiff danach auslauffertig ist. In Anbetracht der Situation, dass zu dieser Zeit kaum ein Seenotrettungsschiff auf dem Mittelmeer war und das Massensterben beinahe unbemerkt weitergehen konnte, erschien es uns richtig, nicht aufzugeben, sondern weiter zu versuchen, das Projekt zum Erfolg zu bringen. Man muss dabei im Hinterkopf haben, dass wir verschiedene andere Möglichkeiten, ein Schiff in den Einsatz zu schicken bis dahin schon verwerfen mussten. Wir haben mehrere dutzend Schiffsexposés von Schiffsmaklern diskutiert, haben Schiffe in Griechenland, Spanien und den Niederlanden besucht, Gutachten in Auftrag gegeben und uns rechtlich beraten lassen. Das Ziel war, ein Schiff in den Einsatz zu schicken und wir haben das Ziel weiter verfolgt. Von einem Ausgabemarathon in den kommenden Monaten kann dabei nicht die Rede sein, da ein Großteil der Ausgaben und Arbeitskraft nicht an den Eigner ging, sondern in Seenotrettungsausstattung, die auf anderen Schiffen verwendet werden kann. Wir sind in engem Kontakt mit anderen NGOs und wissen, dass verschiedene Projekte – auch jetzt im September 2019 – in Planung sind, in denen das Equipment weiter genutzt werden kann. Ein Teil des Equipments ist bereits auf anderen Schiffen im Einsatz. Ein Schiff in der Größe für die Seenotrettung fit zu machen, erfordert viel ehrenamtliche Arbeit und viel Investment. Wir hoffen, dass wir zeitnah das Equipment nach Deutschland bekommen und dann weiter verteilen können.
Das Projekt Civilfleet entgleitet
Aufseiten der Civilfleet stellt man sich diesem Zugang nur zögerlich. Die Anfragebeantwortung gegenüber Addendum verlief schleppend. Zuständigkeiten und Grundlagen für spätere Entscheidungen sind so bis heute schwer nachvollziehbar und verbleiben im Vagen. Unklar ist somit auch, bis zu welchem Grad der Grün-Politiker Erik Marquardt als Vereinsvorsitzender und Klaas Heufer-Umlauf als Initiator der Mission eingebunden waren und Verantwortung tragen.
Schatzmeister Ruben Neugebauer erklärt jedenfalls, dass der Schiffseigner den Aktivisten erneut Versprechungen machte. Er wäre kein Problem, die „Golfo Azzurro“ in kurzer Zeit umzuflaggen. Der Verein stellte ihm daher 30.000 Euro für den beabsichtigten Flaggenwechsel und die dafür notwendigen Vorbereitungen zur Verfügung. „Zahlreiche Arbeiten wurden in der Verantwortung des Schiffseigners auch durchgeführt und bezahlt“, sagt Neugebauer, „jedoch konnte er seine Zusage nicht einhalten.“ Weiteres Geld wurde demnach fällig. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätten die Alarmsirenen schrillen können, denn eine neue Flagge erfordert auch eine neue Registrierung des Schiffes. Kenner bestätigen, dass der Aufwand für einen solchen Prozess weit über einen bloßen Formalakt hinausreicht und mit umfangreichen Ausgaben verbunden ist.
Kommentar: Wir haben in den vergangenen Wochen versucht, unser restliches Equipment vom Schiff zu bekommen und damit für andere NGOs nutzbar zu machen. Wir wollten in diesem Jahr das Schiff so lange wie möglich mit Seenotrettungsequipment einsatzbereit halten. In diesem Jahr sind uns dafür keinen weitere Kosten angefallen und das Schiff stand für andere Organisationen bereit. Jetzt gibt es jedoch Projekte, die einen Großteil unseres Materials nutzen können, sodass wir uns dazu entschlossen haben, das Schiff zurückzubauen und das Material in andere Projekte zu geben. Momentan läuft die Planung des Transports.
„Um das Schiff zeitnah in Einsatz zu bringen, wurden dem Schiffseigner deshalb ein Darlehen gewährt, um weitere Rechnungen bezahlen zu können“, sagt Neugebauer. Insgesamt kam es so zu Aufwendungen von nochmals 70.000 Euro für Versicherungen, das Bunkern von 42.000 Litern Diesel, die für einen Stabilitätstest nötig waren, welcher wiederum ein Erfordernis für den Flaggenwechsel darstellte. Um die „Golfo Azzurro“ bis zum erwarteten Zeitpunkt des Auslaufens zu blockieren, fielen zusätzlich 34.000 Euro an Charterkosten während der Umbauzeit an.
Kommentar: Das ist falsch oder zumindest ungenau. Die 34.000 Euro sind Charterraten, die vor der Entscheidung des umfassenden Flaggenwechsels gezahlt wurden. Damals war davon auszugehen, dass das Schiff zeitnah in den Einsatz kommt. Bei den genannten 70.000 Euro für Bunkern, Versicherung und das Darlehen stellen einen Vorschuss dar, der mit Charterraten verrechnet werden sollen. Nach finalem Abschluss des Projekts und der Auslieferung des Materials werden wir die Kosten vom Eigner zurückfordern.
Wir sind uns bewusst, dass das große Beträge sind, aber man muss sich darüber bewusst sein, dass es viel Geld kostet, ein hochsee- und rettungstaugliches Schiff zu betreiben und auszustatten. In der Tat haben wir Ende des Jahres 2018, als absehbar war, dass der Eigner nicht eigenständig die Rechnungen bezahlen kann die für den Flaggenwechsel notwendig waren, ein Darlehen gewährt, dass wir nach Abschluss des Projekts ebenfalls zurückfordern. Auch diese Entscheidung haben wir uns nicht leicht gemacht. Wir gingen zu dieser Zeit davon aus, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt, um das Schiff in den Einsatz zu bringen. Andere NGOs haben sich an dem Schiff interessiert gezeigt und wir wollten technisch auslauffertige Schiff so lange wie möglich einsatzbereit halten. Bedeingung für die Gewährung des Darlehens war, bis zur Zurückzahlung des Darlehens das Schiff exklusiv für Seenotrettungsaufträge zu reservieren und nicht eigenständig zurückzubauen. Leider hat es der Eigner in der Folge nicht geschafft, ein gültiiges Flaggenzertifikat vorzuweisen, was zum Scheitern der Verhandlungen mit einer anderen NGO führte, die sich interessiert gezeigt hat, das Schiff von civilfleet zu übernehmen.
Klar ist aber auch, dass der Eigner seit diesem Darlehen Ende 2018 kein weiteres Geld erhalten hat und wir nach der Lieferung unseres Inventars nun abrechnen müssen. Klar ist auch, dass das Projekt einen mittleren fünfstelligen Betrag gekostet hat, die wir wohl nicht zurückbekommen, aber keinesfalls die von Addendum beschriebene Summe.
Schiffseigner aus der Offshore-Oase
Das Projekt schien allmählich vollends zu entgleiten. Noch war an ein Auslaufen nicht zu denken, kein einziger Mensch gerettet worden, und die Kassen leerten sich weiter. Eine Addendum-Anfrage an den Vereinsvorsitzenden und Grün-Politiker Erik Marquardt mit der Bitte um Stellungnahme blieb unbeantwortet. Auch Schatzmeister Neugebauer machte insbesondere zur Person des Schiffseigners, der, wie er betont, Zusagen nicht eingehalten habe, keine weiteren Angaben.
Addendum-Recherchen zeigen nun, dass es sich dabei um eine Firma namens „Deep Water Foundation“ handelt. Diese wurde am 23. Februar 2010 in Panama City als Gesellschaft registriert. Als Adresse dient das „edificio Ibiza“, ein Apartmentkomplex im Zentrum der Hauptstadt von Panama am Pazifik. Deren im Firmenbuch verzeichnete Gründer sind im Offshore-Paradies in Zentralamerika keine Unbekannten. Ihre Namen tauchen in den Registrierungspapieren von hunderten sogenannten „sociedad anonima“ auf, was nichts anderes sind als Briefkastenfirmen.
Kommentar: Dass das Schiff einem panamnesischen Rechtsträger gehört, erschien uns angesichts der panamnesischen Flagge nicht ungewöhnlich, da dies eine gängige Praxis in der Schifffahrt darstellt und die Registrierung in Panama vereinfacht. Die Gesetzgebung in Panama nicht europäischen Standards entspricht, ist hinlänglich bekannt. Eine Schiffsregistrierung in Panama stellt jedoch eine gängige Praxis dar.
Während Seenotrettungsorganisationen zuvor auf europäische Flaggen gesetzt haben, erschien eine Registrierung in einem nichteuropäischen Land sinnvoll, da mit erheblicher Gängelung durch europäische Regierungen im Registrierungsprozess zu rechnen war.
Mehrere Rettungsschiffe hatten zu dieser Zeit Probleme mit europäischen Flaggenstaaten, die mit dem Zeil der Verhinderung von Seenotrettung im Mittelmeer ihre Regeln änderten oder ohne Grund Flaggen entzogen.
Es wäre schön, wenn man einfach ein Schiff ins Mittelmeer hätte zaubern können. Aber schon die Überführung eines Schiffes ins Seenotrettungsgebiet kostet einen höheren fünfstelligen Betrag. Wenn man Seenotrettung machen will, muss man sich dieser Realität stellen und mit den realen Bedingungen umgehen, in denen auch eine Beschlagnahmung des Schiffes ohne reales Fehlverhalten der Seenotrettungs-NGOs drohte, was wiederum schnell einen höheren sechsstelligen Betrag kosten kann.
Den Eindruck des Autors möchten wir nicht kommentieren, aber wir waren uns zu jeder Zeit und bei jeder Entscheidung bewusst, dass wir sorgsam im Sinne der Spender*innen mit dem Geld umgehen müssen und haben das nach bestem Wissen und Gewissen getan. An ein Auslaufen war bereits ab Beginn des Projekts zu denken, da das Schiff in keinem schlechten Zustand war. Wir haben uns davon bereits Mitte Oktober auf einer Testfahrt überzeugen können. Dass sich der Neuregistrierungsprozess so lange hingezogen hat, war auch durch sachkundige Beratung vorab nicht absehbar.
Zudem bestand nie ein Vertragsverhältnis mit der genannten „Deep Water Foundation“. Der letter of intent wurde mit der niederländischen „Stichting Golfo Azzurro“ geschlossen und auch die Zahlungen gingen an die Stiftung, die das Schiff verwaltet.
Die Behauptung, civilfleet hätte Geld an eine dubiose Überseefirma überwiesen, die im Aritkel mitschwingt, ist somit falsch.
Völlig legal ist so dort die Anonymisierung von Vermögen ebenso möglich wie Steuerflucht, bei der weltweit Milliardenbeträge außer Landes geschafft werden. Die Briefkastenfirmen dienen auch gern zur Verschleierung von Vermögensverhältnissen, zur Steuerhinterziehung und Geldwäsche. Welchen konkreten Geschäftszweck die „Deep Water Foundation“ erfüllt, lässt sich daher nicht sagen. Es überrascht jedoch kaum, dass die Namen der beiden Eigentümer jener Firma, von der die NGO-Aktivisten ihr Rettungsschiff charterten, auch in den Offshore-Leaks-Dokumenten auftauchen. Dabei handelte es sich um ein Datenleak, welches journalistisch verwertet erstmals die dunkle Seite der globalen Finanzströme in Steuerparadiese veranschaulichte und im Jahr 2013 ein Beben auslöste.
Kommentar: Wir charterten das Schiff nicht von dieser Stiftung. Von den Verbindungen der „Deep Water Foundation“ zu den Offshore-Leaks haben wir erst durch den Artikel erfahren, der hier allerdings auch keine weiteren Hintergründe oder belastbares Material veröffentlicht, sodass wir uns an Spekulationen zu dieser Stiftung nicht beteiligen wollen.
Das Scheitern und das Schweigen
Ob die Aktivisten von Civilfleet all das ahnten oder wussten, lässt sich nicht sagen. Ruben Neugebauer, der Schatzmeister des Vereins, erteilte dazu keinerlei Auskunft. Was er sagen kann, ist, wie es mit der „Golfo Azzurro“ weiterging. Noch immer hatten die Aktivisten ja die Hoffnung, einen neuen Flaggenstaat zu finden und den Prozess der notwendigen Registrierung zu Ende zu bringen. So flossen weitere 70.000 Euro an Spendengeldern in die Ausrüstung des Schiffes. Eine Krankenstation wurde an Bord ebenso eingerichtet wie Sanitär- und Versorgungsstationen, um auf eine größere Zahl an Geretteten vorbereitet zu sein. Freiwillige halfen, wo es ging und investierten viele Stunden an ehrenamtlicher Arbeit.
Kommentar: Es ist nicht korrekt, dass das Geld für die Ausrüstung erst nach den anderen Zahlungen an den Eigner floss. Tatsächlich wurde ein Großteil des Geldes zu Beginn investiert, als ein kurzfristigeds Auslaufen wahrscheinlich war. Außerdem wurde darauf geachtet, dass das Equipment leicht rückbaubar ist, um auf anderen Schiffen eingesetzt zu werden, wenn das Projekt scheitert oder beendet wird. Von Verschwendung oder Zahlungen in Folge des Darlehens kann hier keine Rede sein.
Der Eindruck, dass weiteres Geld floss, nachdem ein Auslaufen des Schiffes immer unwahrscheinlicher wurde, ist nicht korrekt.
Doch letztlich war alle Mühe umsonst. Schatzmeister Neugebauer erklärt die Gründe des Scheiterns gegenüber Addendum so: „Weil der Schiffseigner dennoch seine Zusagen nicht einhalten konnte, wie angekündigt eine neue Flagge für das Schiff zu bekommen und auch dort aufgrund der politischen Lage auf dem Mittelmeer Probleme mit dem Flaggenstaat auftraten, sahen wir uns gezwungen, das Projekt abzubrechen.“ Die Endabrechnung des letztlich gescheiterten Projekts „Golfo Azzurro“ hat es demnach in sich: Die Gesamtkosten beliefen sich auf 206.675 Euro. Das sind 64,91 Prozent aller getätigten Investitionen beziehungsweise 69,6 Prozent der Spendensumme.
Kommentar: Wie dem Autor des Artikels mitgeteilt wurde, liegt noch keine Jahresabrechnung 2018 vor. Insofern gaukeln diese Beträge eine Genauigkeit vor, die nie suggeriert wurde. Zudem fand der Abschluss des Projekts noch nicht statt. Es erscheint uns unseriös, Vorschüsse oder Darlehen einfach als Gesamtkosten zu deklarieren und es so darzustellen, als sei das Geld verschwunden, obwohl die Endabrechnung des Projekts erst ansteht.
„Der Abbruch des Projektes ist natürlich äußerst schmerzlich“, sagt Neugebauer heute, „er war jedoch zu Beginn, als auch andere Rettungsschiffe noch unter Panama-Flagge operierten, in der Form nicht absehbar.“ Civilfleet versuchte sich an Schadensbegrenzung und ließ die „teils sehr wertvollen Installationen und Eigenentwicklungen sowie das Equipment“ vom Schiff abbauen, damit es zumindest auf anderen Rettungsschiffen zum Einsatz kommen kann. Die Rückzahlung von Vorschüssen und Darlehen sei nun erst einmal Gegenstand juristischer Klärung, heißt es weiter.
Kommentar: Das ist korrekt. Allerdings war es von Vornherein nicht geplant, dass das Schiff über Jahre im Einsatz sein kann. Mit dem uns vorhandenen Betrag war das völlig unrealistisch. Deswegen war der Abbau des Equipments in diesem Sinne keine Schadensbegrenzung, sondern von Vornherein zum ein oder anderen Zeitpunkt geplant. Bereits jetzt gibt es mehrere Anfragen von anderen Organisationen, das Equipment in den Einsatz zu bringen. Teile des Equipments sind bereits im Einsatz. Zu suggerieren, dass das verlorene Spendengelder für das Golfo-Azzurro-Projekt sind, ist schlicht falsch. Es sind Gelder die für notwendiges Equipment für die Seenotrettung genutzt werden sollten und werden.
Und Klaas Heufer-Umlauf, der Comedian, der seinen Spendern versprochen hatte, „persönlich dafür zu sorgen, dass das Geld da ankommt, wo es hinmuss“? Sein Management erklärte gegenüber Addendum, dass ihr Klient für die Beantwortung von Fragen nicht zur Verfügung stünde. Zitat: „Wir bekommen hier unzählige Anfragen zu dem Thema und müssen hier allein aus zeitlichen Gründen für Klaas Heufer-Umlauf absagen.“
Kommentar: Klaas Heufer-Umlauf hat nicht nur Verantwortung für die Spendenaktion übernommen, sondern auch in schwierigen Zeiten Haltung bewiesen. Das war ein wichtiger Beitrag auf dem Weg hin zu einer menschenwürdigen Politik an den europäischen Außengrenzen. Er hat persönlich dafür gesorgt, dass das Geld an Seenotrettungsorganisationen geht, die für diesen Zweck als gemeinnützig anerkannt sind und an deren Gemeinnützigkeit abseits von rechtsradikalen Debattensträngen kein Zweifel besteht.
Einige Fragen blieben in der Recherche offen. Daher richtete Addendum am 12.9.2019 eine weitere Anfrage an den Schatzmeister der Civilfleet Ruben Neugebauer, die er jedoch bis zum Redaktionsschluss unbeantwortet ließ. Die Fragen lauteten:
– Wie viele Menschen spendeten insgesamt in Folge des #Civilfleet-Aufrufes?
– Die „Golfo Azzuro“ stand/steht im Eigentum der „Deep Water Foundation“, gemeldet in Panama. Wer war bei den Entscheidungen im Zuge des Umbaus Ihr direkter Ansprechpartner seitens dieses Unternehmens?
– In welchem Hafen wurden die von Ihnen angesprochenen Umbauarbeiten ausgeführt?
– Sie schrieben im Januar dieses Jahres, dass mit Vanuatu ein Flaggenstaat gefunden wurde und die Registrierung abgeschlossen sei. Weshalb lief die „Golfo Azzuro“ dennoch nicht aus?
– Sie erwähnten damals auch den Ankauf eines größeren, hochseetauglichen Schnellboots. Ich kann diese Position aber in der von Ihnen zugesandten Aufstellung nicht finden. Unter welcher Position sind die Kosten dafür vermerkt, wie hoch waren sie und was geschah mit diesem Boot?
– Die NGO „Mission Lifeline“ hat mit der „Eleonore“ Deutschland als Flaggenstaat gehabt. Weshalb versuchten Sie nicht auch, Deutschland oder ein anderes Land als Flaggenstaat für die „Golfo Azzuro“ zu gewinnen?
– Werden Sie nun versuchen, bedingt durch die politischen Veränderungen in Italien und dem absehbaren Ende der „Salvini-Blockade“ der Häfen, die „Golfo Azzuro“ oder ein anderes Boot zur SAR auf See zu bringen?
– In welcher Phase befindet sich der Rechtsstreit um die Rückzahlung des Darlehens durch den Schiffseigner, wo findet dieses Verfahren statt und wann rechnen Sie mit einem Urteil in diesem Fall?
– Von welchen NGOs bzw. auf welchen SAR-Schiffen werden Teile der von Ihnen angesprochenen Sachwerte bereits verwendet? Worum handelt es sich dabei konkret und auf welchen Wert belaufen sich diese?
– In welcher Weise und Intensität waren Klaas Heufer-Umlauf und Erik Marquardt in die Entscheidungsfindungen während der unterschiedlichen Phasen des Projekts „Golfo Azzurro“ involviert?
– Worin sehen Sie rückblickend betrachtet den größten Fehler, den Ihr Verein im Laufe des „Golfo Azzuro“-Projektes machte?
– Über wie viele angestellte und ehrenamtliche Mitarbeiter verfügt Ihr Verein aktuell?
Kommentar: Wir werden auf die Fragen zeitnah eingehen. Der Redaktionsschluss wurde uns allerdings nicht mitgeteilt.
An dieser Stelle möchten wir anmerken, dass es schade ist, dass der Autor für fast alle seine kritischen Behauptungen lediglich anonyme Quellen zitiert. Wenn tatsächlich ein grobes Fehlverhalten seitens civilfleet attestieren möchte, hätten sich sicherlich auch Expert*innen gefunden, die sich namentlich zitieren lassen. Auch die Frage, warum das Schiff nicht einfach eine deutsche Flagge erhalten kann, hätten die Expert*innen leicht beantworten können.
Insgesamt kann man uns glauben, dass es uns am meisten schmerzt, dass die Golfo Azzurro bislang keine Menschen retten konnte. Wir haben jedoch angesichts enormer Widerstände unser bestes gegeben, um im Sinne der Spenderinnen die Seenotrettung im Mittelmeer wieder möglich zu machen. Die Daten der Spenderinnen liegen beim Spendenportal Leetchi. Wir können sie einmal anschreiben und wollten das vor dem Projektende nicht machen, um den Spender*innen einen Gesamtüberblick zu bieten.
Kommentar: Wir werden die Fragen zeitnah beantworten. Der Redaktionsschluss wurde uns allerdings nicht mitgeteilt. Wir werden die Fragen in den kommenden Tagen beantworten.
Update: Hier die Antworten auf die restlichen Fragen:
– Wie viele Menschen spendeten insgesamt in Folge des #Civilfleet-Aufrufes?
Das lässt sich nicht sagen, da wir nicht wissen, ob in Folge des Aufrufes ausschließlich an uns gespendet wurde. Zudem haben wir als Gruppe nach dem Spendenaufruf von Klaas Heufer-Umlauf ja ebenfalls Spenden für andere NGOs gesammelt und dazu aufgerufen für die Seenotrettung zu spenden
– Die „Golfo Azzuro“ stand/steht im Eigentum der „Deep Water Foundation“, gemeldet in Panama. Wer war bei den Entscheidungen im Zuge des Umbaus Ihr direkter Ansprechpartner seitens dieses Unternehmens?
Die „Stichting Golfo Azzurro“ und ein Vertreter waren unsere Ansprechpartner.
– In welchem Hafen wurden die von Ihnen angesprochenen Umbauarbeiten ausgeführt?
Rotterdam und Stellingdamm. Das Schiff wurde zwischendurch in einen anderen Hafen bewegt. Das diente auch als Testfahrt.
– Sie schrieben im Januar dieses Jahres, dass mit Vanuatu ein Flaggenstaat gefunden wurde und die Registrierung abgeschlossen sei. Weshalb lief die „Golfo Azzuro“ dennoch nicht aus?
Das war eine Fehlinformation. Der Flaggenprozess und Versicherungsfragen waren leider noch nicht abgeschlossen, weil neue Probleme dazukamen, nachdem alte gelöst wurden.
– Sie erwähnten damals auch den Ankauf eines größeren, hochseetauglichen Schnellboots. Ich kann diese Position aber in der von Ihnen zugesandten Aufstellung nicht finden. Unter welcher Position sind die Kosten dafür vermerkt, wie hoch waren sie und was geschah mit diesem Boot?
Das Boot hat auf der Sea-Watch 3 Menschen gerettet. Wir haben es Sea-Watch unentgeltlich zuur Verfügung gestellt. Wir haben nicht vor, weiter über Ausgaben zu spekulieren, die sich erst mit dem Jahresabschluss genau beziffern lassen.
– Die NGO „Mission Lifeline“ hat mit der „Eleonore“ Deutschland als Flaggenstaat gehabt. Weshalb versuchten Sie nicht auch, Deutschland oder ein anderes Land als Flaggenstaat für die „Golfo Azzuro“ zu gewinnen?
Die Golfo Azzurro ist länger als 25m, wodurch die Registrierungsoptionen für kleinere Boote wegfallen.
– Werden Sie nun versuchen, bedingt durch die politischen Veränderungen in Italien und dem absehbaren Ende der „Salvini-Blockade“ der Häfen, die „Golfo Azzuro“ oder ein anderes Boot zur SAR auf See zu bringen?
Wir sind alle auch in anderen NGOs aktiv und versuchen natürlich weiter, die Seenotrettung zu betreiben. Aber nicht mit der Spendenaktion, sondern mit NGOs.
– In welcher Phase befindet sich der Rechtsstreit um die Rückzahlung des Darlehens durch den Schiffseigner, wo findet dieses Verfahren statt und wann rechnen Sie mit einem Urteil in diesem Fall?
Wir können nicht sagen, wann die Diskussionen und Verhandlungen abgeschlossen sein werden. Sie laufen und zu Details äußern wir uns erst, wenn ein Ergebnis absehbar ist.
– Von welchen NGOs bzw. auf welchen SAR-Schiffen werden Teile der von Ihnen angesprochenen Sachwerte bereits verwendet? Worum handelt es sich dabei konkret und auf welchen Wert belaufen sich diese?
Wie in der ursprünglichen Antwort vermerkt, haben wir noch keinen Jahresabschluss.
– In welcher Weise und Intensität waren Klaas Heufer-Umlauf und Erik Marquardt in die Entscheidungsfindungen während der unterschiedlichen Phasen des Projekts „Golfo Azzurro“ involviert?
Erik Marquardt war an Entscheidungen beteiligt, Klaas Heufer-Umlauf wurde regelmäßig informiert, ist aber nicht Mitglied des Vereins civilfleet-support e.V.
– Worin sehen Sie rückblickend betrachtet den größten Fehler, den Ihr Verein im Laufe des „Golfo Azzuro“-Projektes machte?
Nicht stärker darauf hingewiesen zu haben, dass durch die Spendenaktion Menschenleben gerettet wurden. Darauf kommt es an.
– Über wie viele angestellte und ehrenamtliche Mitarbeiter verfügt Ihr Verein aktuell?
Das lässt sich nicht beziffern, weil es keine „ehrenamtlichen Mitarbeiter“ gibt.